Kindereinrichtung "Paule Winzig"

Erziehen mit Maria Montessori

Vier Erzieherinnen gehen in Aschersleben ihren eigenen Weg - Zweijährige Ausbildung ist notwendig

Von unserer Redakteurin ELFI SCHURTZMANN

Aschersleben/MZ. Angelika Weferling hat Freude an ihrer Arbeit, seitdem sie in ihrer Einrichtung die Maria-Montessori-Methode, die auf die Förderung der Individualität des Menschen ein besonderes Gewicht legt, anwendet. Die Ausbildung dauerte zwei Jahre und endete mit einem Zertifikat. Die Kosten musste sie selbst tragen.

Seit 1982 ist Angelika Weferling bei der Stadt beschäftigt. Nach der Wende lernte sie auf verschiedenen Fortbildungsveranstaltungen Frauen kennen, die die Montessori-Pädagogik bereits studiert haben und erfolgreich anwenden. "Ich war begeistert, doch in einer städtischen Einrichtung lies sich dieses Konzept einfach nicht umsetzen", erinnert sich die heutige Chefin der freien Kindereinrichtung "Paule Winzig" in der Ermslebener Straße. Wenn die Stadt sich auch eher skeptisch zeigte, so bot sie es doch den Erzieherinnen an, es auszuprobieren und einen Verein zu gründen, der Träger der Kindertagesstätte sein sollte. Angelika Weferling erinnert sich noch, dass ihnen kaum Zeit blieb, alles durchzuchecken. Im Gegenteil, es ging Knall auf Fall und der Stadtrat segnete das Projekt ab.

Doreen Winkler, die Zweite im Bunde, hat bis 1998 wegen ihres Mannes in Stuttgart gewohnt. Doch der Wunsch, wieder in die Heimat zurückzukehren, war größer. Dabei war ihr wohl klar, dass das nicht so einfach sein werde. Aber als sie vom Verein "Klecks" hörte, der sich mit der Montessori-Pädagogik beschäftigte, ergriff Doreen Winkler die Chance und begann mit dem Studium. Inzwischen gibt es den Verein nicht mehr und die junge Frau stand erneut vor der Frage, was nun? Der Zufall wollte es, dass Doreen Winkler von dem Projekt in der Ermslebener Straße erfuhr und sie ergriff die Chance. Seitdem arbeitet sie, die inzwischen selbst Mutti geworden ist, in der Einrichtung und sie ist, wie die anderen drei auch, noch immer begeisterter Fan der Montessori-Methode. "Ich hatte genug davon, immer hin- und hergeschoben zu werden", begründet Susann Brunn ihren Entschluss. Nach ihrem Erziehungsurlaub bekam sie ihre alte Stelle nicht zurück, war Springer und wurde überall dort eingesetzt, wo jemand fehlte. Das gefiel ihr ganz und gar nicht und jetzt, bei"Paule Winzig", hat sie wieder Freude an ihrer Arbeit gefunden, sagen ihre Kolleginnen. Ganz anders verlief der Weg von Ilona Franke. Die gab nämlich ihre Stelle als Hortnerin auf, weil der Hort, wie sie sagt, keine Zukunft habe. "Ich wollte aber gern weiter mit Kindern arbeiten, und das kann ich jetzt hier in der Einrichtung, wo ich seit Januar dieses Jahres arbeite. Anfangs fiel mir der Umgang mit den Kleinen noch schwer, weil ich sie nicht verstand oder sie mich nicht verstehen konnten. Das ist überstanden", sagt Ilona Franke, die gerade mit den Kleinen im Garten spielt. Von Maria Montessori habe sie das erste Mal in der Anpassungsfortbildung gehört und sie war begeistert, ja, gefesselt. Deshalb habe sie sich nun entschlossen, zu studieren. Im Herbst soll es losgehen.

Ihre Hauptaufgabe sehen die yier Mitarbeiterinnen darin, die unterschiedlichen Kinder zu beobachten, sie anzunehmen und sie zu achten. Im Mittelpunkt der Tätigkeit steht die Aussage von Maria Montessori "Hilf mir, es selbst zu tun". Mit dieser Forderung meint das Kind, "zeig mir, wie es geht, aber tu es nicht für mich, denn ich will und kann es selber tun". So wollte Maria Montessori ihr Werk verstanden wissen, sagt Angelika Weferling.


HINTERGRUND

Maria Montessori - Ihr Leben und Wirken

Maria Montessori wurde am 31. August 1870 in Chiaravalla bei Ancona geboren und siedelte bald nach Rom über. Sie studierte Medizin und war die erste Frau in Italien, die den Doktortitel erwarb. Schon früh trat sie für die Frauenrechte und die Abschaffung der Kinderarbeit ein. Als Ärztin an der Universitätsklinik in Rom gewann sie bei der Betreuung geistig behinderter Kinder wegweisende Erkenntnisse, die sie in psychologischen und pädagogischen Studien vertiefte. Im römischen Arbeiterviertel San Lorenzo eröffnete sie 1907 ihr erstes Kinderhaus. In der Arbeit mit den Kindern entwickelte sie ihre Erziehungskonzeption, die sich ganz an den im Kind angelegten Kräften und Fähigkeiten orientiert. Ihre Erfolge führten dazu, dass sich Kinderhäuser in Italien schnell verbreiteten. Mit ihren Schriften gelangten Einsichten und Erfahrungen in immer weitere Länder. In Spanien und Indien bildeten sie bei längeren Aufenthalten Erwachsenen in ihrer Pädadogik aus. Die letzten drei Jahre lebte sie, international geehrt, in den Niederlanden und starb am 6. Mai 1952. Heute ist die Montessori-Pädagogik weltweit verbreitet und wissenschaftlich anerkannt. In Deutschland erlebte sie nach dem Verbot während der NS-Zeit in den letzten Jahrzehnten einen ungeahnten Aufschwung. Immer mehr Kinderhäuser und Schulen wurden und werden gegründet. Die Forderungen und Gedanken Maria Montessoris sind in Lernplänen und Unterrichtsmethoden fruchtbar geworden.


Download des Artikels als 150 dpi-Scan (79,2 kByte) aus der Mitteldeutsche Zeitung (Mit freundlicher Genehmigung der MZ)

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