Volksbegehren

Nur die Stadt darf Meinung kund tun

Streit um Info-Aushänge in Dessauer Kindertagesstätten

Von unserer Redakteurin UTE ALBERSMANN

Dessau/MZ. In Dessau hat Oberbürgermeister Hans-Georg Otto (SPD) in den Kindertagesstätten DIN-A 3-Plakate aufhängen lassen. Sie informieren die "Sehr geehrten Eltern", dass aus Sicht der Stadt Dessau die beabsichtige Änderung der Kinderbetreuung nicht begrüßt werden kann". Eine Unterschrift sei nicht zu empfehlen, schreibt Otto. Der Volksinitiative "Für die Zukunft unserer Kinder", die 250000 Unterschriften für ein neues Kindertagesstätten-Gesetz sammelt, wird ein vergleichbarer Tipp an die Eltern dagegen nicht zugebilligt. Sie darf keine Info-Plakate in den städtischen Kindereinrichtungen aufhängen.


"Hier kommt ein eigenartiges Demokratie-Verständnis zum Ausdruck. "

KAY-UWE PAPENROTH

VOLKSINITIATIVE

Kay-Uwe Papenroth, Mit-Organisator der Initiative, schimpft: Wenn die Kindergärtnerinnen zu Neutralität verpflichtet würden, müsse das akzeptiert werden. Doch hier kommt ein sehr eigenartiges Demokratie-Verständnis zum Ausdruck." Man prüfe, ob es eine rechtliche Handhabe gegen dieses Vorgehen gebe. Beide Seiten müssen die gleichen Chancen haben zu informieren."

Er hat in den vergangenen Tagen gemerkt, dass viele Eltern und Erzieher verunsichert sind - und dass der Wind insbesondere in den kreisfreien Städten rau ist. In drei Wochen, sagt er, werde man die Unterschriften sicherlich nicht zu sammen haben. So lange hatte die Volksinitiative im vergangenen Jahr für 300 000 Unterschriften gebraucht, mit denen der Abbau von Standards in der Kinderbetreuung verhindert werden sollte.

Viele Kommunen blocken. In Halle dürfen die Listen in kommunalen Kindergärten nicht ausgelegt werden, in Köthen nicht, in Aschersleben auch nicht. Aber so groß wie in Dessau seien die Probleme nirgends, sagt Papenroth. Carsten Sauer, Sprecher der Dessauer Stadtverwaltung, kann die Aufregung nicht verstehen. Die Initiative könne informieren und auch Unterschriften sammeln - zwar nicht in den Kindergärten, aber im Bürgerbüro der Stadt. Das sei doch ein ganz konstruktives Herangehen". Die Eltern könnten sich dort ohne äußere Einflüsse" informieren. Papenroth: Den Erzieherinnen wird quasi unterstellt, sie würden die Eltern zur Unterschrift drängen."

Man müsse sich mit den Inhalten des Volksbegehrens auseinander setzen, mahnt Papenroth. In Halle hat Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler die Eltern ermuntert, Informations-Abende zu organisieren. Und in Köthen hat die Stadt Info-Pakete für die Kindergärten zusammengestellt, falls Eltern nachfragen. Noch mehr Offenheit gibt es in Bitterfeld und Merseburg, wo die Listen in Kindergärten ausliegen. In Gräfenhainichen hat sie die Sozialamts-Leiterin sogar selbst an die Kindertagesstätten verteilt.

Papenroth gibt sich zuversichtlich. Man habe ein gutes Ziel und gute Argumente. Er muss aber zugeben, dass viele Eltern und Erzieher nicht wissen: Was will die Initiative? Was steht im Gegensatz dazu im Landesgesetz? Wir müssen uns noch eine Meinung bilden", sagen viele, darunter Christine Hietzschold, Kita-Leiterin in Hohenmölsen (Kreis Weißenfels) und ihre Kollegin Ina Seidenfaden aus Weißenschirmbach (Kreis Merseburg-Querfurt).

Das Sozialministerium hat deshalb unter 0391/567-4661 eine Telefon-Hotline geschaltet. Eltern, Erzieherinnen, aber auch Rentner haben in den vergangenen Tagen angerufen und nach Details gefragt. Und Papenroth bietet an, dass Vertreter der Initiative zu Elternversammlungen kommen, um Verunsicherung zu nehmen". Heute ist er in Halberstadt.


KINDERBETREUUNG

Infos im Netz und am Telefon

Informationen zum gültigen Kinderbetreuungsgesetz und zu den Zielen des Volksbegehrens gibt es bei verschiedenen Ansprechpartnern. Neben der Volksinitiative bietet auch das Sozialministerium Antwort. Per Internet kann Kontakt über die E-mail-Adresse kuppe@ms.lsa-net.de aufgenommen werden. Montags bis freitags von 13 bis 17 Uhr ist im Ministerium außerdem ein Info-Telefon besetzt. Auch viele Kommunen informieren. In Halle ist Kinderbeauftragte Thea Ilse, Telefon 0345/ 221-4028, Ansprechpartnerin.

www.volksinitiative-kinder.de

www.ms.sachsen-anhalt.de


Download des Artikels als 150 dpi-Scan (70,1 kByte) aus der Mitteldeutsche Zeitung (Mit freundlicher Genehmigung der MZ)

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