Kinderbetreuung

Was ist gut für die Jüngsten?

Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Gesetz und Alternativvorschlag

Von unserem Redakteur HARALD KREIBICH

Magdeburg/MZ. Die Meinungen sind geteilt. Katrin Esche, Mitbegründerin der "Volksinitiative für die Zukunft unserer Kinder", hält das geltende Kinderbetreuungsgesetz für unzureichend. Sie und ihre Mitstreiter wollen einen eigenen Entwurf durchsetzen. Am 11. September beginnt dazu ein Volksbegehren, bei dem die Bürger per Unterschrift darüber entscheiden können, ob der Landtag über den Entwurf abstimmen soll. Andere wiederum halten die Vorstellungen der Initiative für schlechter als die bestehenden Regelungen. Gesetz oder Gesetzentwurf - was ist besser für die Kinder?

Bis zur vierten Klasse

In der Tat gibt es zwischen dem im vorigen Jahr vom Landtag novellierten Gesetz und dem Entwurf der Initiative zum Teil erhebliche Unterschiede. Es beginnt bereits bei dem Rechtsanspruch auf Bereitstellung eines Betreuungsplatzes. Das mit der Stimmenmehrheit von SPD und PDS geänderte Kindertagesstättengesetz schreibt diesen Anspruch bis zum Ende der sechsten Schulklasse fest. Bei freien Kapazitäten soll die Betreuung auch für Kinder der siebenten Klassen ermöglicht werden.

Die Regelung im Entwurf der Initiative ist nicht so weitreichend. Danach haben nur Kinder bis zum Ende der Grundschule" - also einschließlich bis zur vierten Klasse Anspruch auf einen Ganztagsplatz in einer Kindertagesstätte.

Auch bei den Mitbestimmungsmöglichkeiten von Eltern und Kindern macht die Initiative eine Reihe von Abstrichen. Das bestehende Gesetz legt die Wahl von so genannten Elternsprechern fest. Die "Volksinitiative für die Zukunft unserer Kinder" hingegen hat die Benennung von Interessenvertretern nur als eine Kann-Bestimmung formuliert.

Am gravierendsten unterscheiden sich die beiden Gesetze in ihren finanziellen Konsequenzen. Nach Berechnung des Magdeburger Sozialministeriums ergeben sich aus dem Entwurf der Initiative allein aus den so genannten Pro-Kind-Pauschalen im nächsten Jahr jährliche Gesamtkosten von rund 314,6 Millionen Mark. Das sind gut 25 Millionen Mark mehr als für die Umsetzung der geltenden Regelungen veranschlagt werden. Im Jahr 2002 würde sich die Differenz weiter vergrößern. Rund 41 Millionen Mark müssten dann mehr zur Verfügung gestellt werden. Am höchsten ist der finanzielle Bedarf bei den Kinderkrippen.

Ein Grund dafür: Die Initiative will die Finanzzuschüsse des Landes in etwa auf dem jetzigen Niveau einfrieren. Im Entwurf heißt es dazu: "Die Pauschale des Landes beträgt für ein Kind bis drei Jahre 450 Mark je Monat. Für ein Kind über drei Jahre bis zum Schuleintritt beträgt die Pauschale 300 Mark je Monat. Für ein Kind vom Schuleintritt bis zum Ende der Grundschule zahlt, das Land eine Pauschale von 95 Mark je Monat".

Die Regelungen zur Beteiligung der Landkreise bzw. kreisfreien Städte bleiben unverändert. Sie liegt bei Kinderkrippen bei 60 Prozent, bei Kindergarten und Hort bei jeweils 50 Prozent.

Andere Öffnungszeiten

Deutliche Unterschiede gibt es bei der gesetzlichen Festlegung von Öffnungszeiten. Das derzeit gültige Gesetz gibt einen relativ flexiblen Rahmen vor. "Der Träger der Kindertageseinrichtung", so heißt es, "legt die Öffnungszeit ( ... ) nach dem bestehenden Bedarf im Benehmen mit dem Kuratorium fest." Es müsse jedoch ein Mindestangebot von zehn Stunden täglich gesichert sein. Die Initiative zielt auf eine eher starre Regelung ab: Die Einrichtungen sollen generell von sechs bis 18 Uhr geöffnet sein. Kuratorien müssen nicht einbezogen werden. Unterschieden wird hier zwischen einer Ganztagsbetreuung, die mit mehr als 25 Stunden definiert wird, und einer Halbtagsbetreuung von bis zu 25 Stunden pro Woche. Kommentar

V0LKSBEGEHREN

Mehr als 250 000 Unterschriften nötig

Damit ein Volksbegehren anerkannt wird, müssen mindestens 250 000 gültige Unterschriften eingereicht werden. Ist dies der Fall, muss sich der Landtag mit dem Thema befassen. Wie im Falle des umstrittenen Kinderbetreuungsgesetzes haben die Abgeordneten allerdings nur zwei Möglichkeiten: Sie können dem Entwurf zustimmen oder ihn ablehnen. Veränderungen sind nicht möglich.

Wird der Entwurf im Parlament abgelehnt, wird automatisch ein so genannter Volksentscheid eingeleitet. Dann müssen die Bürger in Sachsen-Anhalt wie bei einer Wahl entscheiden, ob der Entwurf oder ein konkurrierender Vorschlag der Landesregierung angenommen wird. Für die Annahme ist die Zustimmung von mindestens einem Viertel der wahlberechtigten Bürger erforderlich.

Download des Artikels als 150 dpi-Scan (73,0 kByte) aus der Mitteldeutsche Zeitung (Mit freundlicher Genehmigung der MZ)

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